Zurück im Komfort des North Face Inn in Pokhara nun ein weiterer Artikel zu unserer Trekkingtour. Morzl hat ja schon ein paar Impressionen der ersten Tage zum Besten gegeben, jetzt folgt der Rest bis zum ABC (Annapurna Base Camp).
Nachdem wir im Hotel Raibow Attractive über Nacht um das kleine Öfchen im Aufenthaltsraum unsere schweißdurchnässten Klamotten hatten trockenen lassen ging es frohen Mutes los nach Chomrong. Eigentlich hatten wir geplant bis nach Sinuwa zu wandern, aber das hätte noch weitere 2153 Stufen runter bis zu einer Brücke im Tal und dann weitere mindestens 2000 Stufen hoch bedeutet… jeder Höhenmeter den man hier verliert schmerzt in den Knien und in der Seele, da man weiß dass das eigentlich Ziel noch 2000 Meter weiter über uns liegt, und jeder Schritt nach unten auch wieder hoch gegangen werden will.
Leider ging es heute sehr viele Schritte bergab und als wir in Chomrong, einer der letzten größeren „Städte“ vor der Annapurna Conservation Area ankamen, fing es auch noch leicht an zu regnen, sodass wir uns entschlossen unseren Knien eine kleine Pause zu gönnen und schon in Chomrong Rast zu machen. Letztlich eine gute Entscheidung: die Speisekarte war in keiner anderen Lodge abwechslungsreicher und wir trafen einige nette Trekker im Aufenthaltsraum, unter anderem ein Päärchen aus dem Allgäu welches heute vom ABC abgestiegen war und eine dänische Großfamilie, von Großvater bis Enkel. Die Großeltern waren in der Vergangenheit bereits 24 mal in Nepal wandern gewesen, damals mit ihrer kleinen Tochter, die nun als erwachsene Frau dabei war und wiederum ihre beiden Kinder das erste Mal mit auf Wandertour in Nepal mitgebracht hatte.
Bezüglich des Essens ist es ohnehin erstaunlich wie aus ein paar Grundnahrungsmitteln (Nudeln, Kartoffeln, Tomaten, Käse, Dosenthunfisch, Eier und Tütennudeln) so eine Vielzahl verschiedener Gerichte gezaubert werden kann! Wir hatten und auf 10 Tage Dal Bhat eingestellt und wurden angenehm überrascht. Die „Pizza“ die hier zubereitet wird ist ebenso schmackhaft wie die Knoblauch-Nudel-Suppe und auch wer Lust auf schweizer Röschti mit Spiegelei verspürt wird hier nicht enttäuscht 🙂 Natürlich steigen die Preise mit zunehmender Höhe der Lodges. So kostet ein Snickers in Nayapul zu Beginn des Treks noch 150 Rupien und steigt im Verlauf an bis auf 250 Rupien. Allerdings muss man bedenken, dass Esel und Pferde nur bis ungefähr zur Hälfte des Treks voran kommen, danach werden sowohl Lebensmittel als auch der Brennstoff zum Kochen und für die Durchlauferhitzer um uns eine heiße Dusche zu ermöglichen mit Menschenkraft hoch getragen.
Jede Lodge beschäftigt ihre eigenen Porter, die teilweise täglich mehrere tausend Höhenmeter hochkraxeln, Strecken für die wir mehr als 6 Stunden brauchen, und auf ihrem Rücken alles von Coladosen bis zu hölzernen Trennwänden für die Zimmer tragen. Mehrfach staunten wir ob der Massen, die kleine magere Männlein scheinbar mühelos den Berg hochhievten. Ein Mann zB trug insgesamt60 kg Äpfel und Tomaten in zwei Körben, an einer Bambusstande befestigt die er über seiner Schulter balancierte. Die Menge an chronischen Rückenbeschwerden die wir im medical post in Gulmi sahen lässt aber darauf schließen, dass all dies doch nicht so mühelos ist und sicher nicht ohne bleibende Schäden an einem Rücken oder Knien vorbei geht.
Am nächsten Tag hatten wir aufgrund der vorzeitigen Pause in Chomrong nun eine sehr lange Etappe vor uns. Hinter Chomrong beginnt die Annapurna Conservation Area, eine Art Nationalpark der von der Regierung kontrollier wird und bestimmten Regeln unterworfen ist. So ist zB die Anzahl der Lodges in jedem Ort sowie die Anzahl der Betten die diese anbieten dürfen begrenzt. Auch darf aus religiösen Gründen kein Huhn oder Büffelfleisch dort verzehrt werden. Das es nur geringe Anzahl Lodges gibt, jeder Trekker auf dem Weg zum ABC aber hier durch muss, herrscht kein Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Unterkünften, was zur Folge hat, dass diese hier etwas weniger komfortabel sind als auf dem restlichen Teil des Treks und, dass es hier schon mal dazu kommen kann dass alle Räume ausgebucht sind und man dann in der Dining Hall schlafen muss. Umesh hatte vorsorglich schon vor 2 Tagen ein Zimmer in Deurali, der letzten Station vor dem MBC ( Machapuchre Base Camp) gebucht, in den Lodges davor hatte es schon keinen Platz mehr gegeben. Von „Städten“ oder „Dörfern“ kann man auch hier nicht mehr wirklich reden, es handelt sich lediglich um eine Ansammlung von 3-4 Lodges, die dort einzig und allein für die Trekker errichtet wurden. Wirklich wohnen tut hier sonst niemand.
Nachdem wir uns die unzähligen Stufen bis zur besagten Brücke und wieder hinauf nach Sinwa gequält hatten führte der Weg durch einen schönen schattigen Bambuswald auf mehr oder weniger ebener Strecke (a little up, a little down). Unterwegs begegneten wir einer Ziegenherde, die vor Winterbeginn von den höheren Weiden herunter getrieben wurde und – laut blökend und übereinander springend – den kompletten Weg für sich einnahm und so lange blockierte, wie es eben dauert damit 200 Ziegen einen überholen können.
Wir waren langsamer voran gekommen als wir geplant und gehofft hatten, und in Bamboo, welches wir erst um die Mittagszeit erreichten, beschlichen uns Zweifel, ob wir es wirklich bis nach Deurali schaffen würden. Nach einer Stärkung war der Abschnitt von Bamboo bis nach Dovan aber schneller geschafft als die handgemalten Schilder in jedem Ort einen glauben lassen wollten, sodass wir wieder Hoffnung schöpften. Auch das Stück zwischen Dovan und Himalaya war gut zu schaffen. Danach jedoch, nach bereits 7h Wanderzeit, schmerzenden Knien und genereller Erschöpfung zum krönenden Abschluss noch der Weg von Himalaya bis nach Deurali, der uns für diesen Tag den Rest gab.
Im grauen Nieselregen kraxelten, kletterten und stolperten wir über eine Ansammlung von Felsbrocken unterschiedlicher Größe, die beim besten Willen nicht mehr als Weg oder Stufen bezeichnet werden konnten. Als wir in der Ferne endlich die blauen Dächer sahen, die in der Regel eine Unterkunft ankündigten (in diesem Fall Deurali), waren diese immer noch viel zu weit entfernt um darüber erleichtern sein zu können.
In Deurali selbst hatten wir ein 3 Bett Zimmer, eine kochend heiße Dusche die sich stetig bis auf 47 Grad aufheizte und Dal Bhat in einem ziemlich trostlosen Aufenthaltsraum, das im Laufe der Nacht nicht nur die Touristen sondern auch die Nepalesen die dort genächtigt hatten in Scharen zu den Toiletten trieb…
Wir waren also froh aus Deurali weg und weiter zu kommen. Unter einem klaren Himmel wanderten wir der Silhouette des Machapuchre (Fischschwanz) entgegen und frühstückten dort im Basecamp. Der Weg war um einiges angenehmer als das letzte Stück vor Deurali gestern, aber unsere Körper merkten nun doch, dass sie sich über 3000m befanden und wir kamen nur Schritt für Schritt voran. Nach einer Stärkung und angespornt von der traumhaften Aussicht machten wir uns auf zum Annapurna Basecamp. Die Berge hatten sich nun wieder, wie zur Mittagszeit üblich, in eine dicke Wolkendecke gehüllt und wir wanderten durch die Nebelschwaden in einer unwirklichen Landschaft aus Felsen, Flechten und Moos, nur unterbrochen von dem Pfeifen eines der vielen Pikas (Pfeifhasen), die zwischen den Steinen hin und her huschten.
Und irgendwann kam endlich das Schild „Welcome to Annapurna Base Camp, 4130 m“! Endlich!! Die Berge hüllten sich weiter in Nebel und, obwohl nur wenige hunderte Meter höher als das MBC, es war verdammt kalt! Daher beschränkten wir uns auf eine kleine Erkundungstour durch den Wald aus Gebetsflaggen hinter den Hütten, der eine Art Memorial-Schrein für verunglückte Bergsteiger darstellt (die Annapurna, 10t höchster Berg der Welt, benannt nach der Göttin der Nahrungsfülle, war zwar der erste 8000er der je bestiegen wurde, gilt aber mit einer Todesrate von 35% als „gefährlichster“ Berg der Welt).
Den Rest des Tages verbrachten wir eingekuschelt in unsere Schlafsäcke mit einer Thermoskanne heißer Zitrone lesend im Aufenthaltsraum des ABC. Schweinekalt aber von Höhenkrankheit glücklicherweise keine Spur.
Am nächsten Morgen blieben die Berge leider schüchtern, sodass uns das berühmte 360 Grad Panorama von 6000ern, 7000ern und 8000ern welches man vom Base Camp aus bewundern kann leider versagt blieb. Trotz tapferen Ausharrens in der Kälte sahen wir die Annapurna South, Annapurna I oder Hiunchuli nur gelegentlich durch die Nebelschwaden blitzen, aber auch diese Sicht hatte ihre Reize.
Nach einiger Überlegbung und nachdem klar war, dass es heute NICHT mehr aufklaren würde, entschlossen wir uns, morgen früh nochmal eine Chance auf das Bergpanorama zu nutzen und noch eine Nacht zu bleiben. Diese wollten wir aber aufgrund der gemütlicheren Lodges und angenehmeren Temperatur im Machapuchre Base Camp verbringen und am nächsten Morgen erneute zum Annapurna Base Camp aufsteigen. Das Warten sollte sich lohnen! Als wir und gegen 04:15 aus den Schlafsäcken schälten glitzerte uns draußen bereits der Machapuchre im Mondlicht entgegen, kein Wölkchen trübte den Nachthimmel. Unter den Sternen, dem Mondlich noch ein bisschen nachhelfend durch unsere Stirnlampen stapften wir wieder hinauf zum ABC und wurden belohnt mit einer Ausssicht, deren Großartigkeit sich mit dem kleinen Foto was wie hier hochladen nicht annähernd wiedergeben lässt. Fast noch schöner als der Sonnenaufgang, der die Berge kupfern glühen ließ war der Kontrast der Schneeriesen gegen den dunkelblauen Nachthimmel. Leider wurde die Idylle ein wenig gestört durch die Mengen an Touristen, die auf der Jagd nach dem perfekten Foto nicht davor zurückschreckten, einen mit wildem Handwedeln oder „Please move aside“ immer wieder von seinem Plätzchen verscheuchten, weil man im Weg des Mountain-Selfies war… Auch wurde es irgendwann so kalt, dass ich mir in einer der Lodges einen Tee zum Aufwärmen holen wollte und dort kaum in der Lage war, mit meinen klammen Fingern zwei Scheine aus der Hosentasche zu fischen. Dennoch – ein unheimlich beeindruckendes Gefühl inmitten dieser Berge zu stehen, deren Präsenz man gestern im Nebel kaum hatte erahnen können.
Der Rückweg zurück zum MBC zum Frühstück bot dann nochmal Gelegenheit, zwar nicht mehr die 360 Grad Aussicht, aber dafür fast ebenso schöne Blicke auf die Berge zu genießen- in Ruhe und ohne dabei Sorge haben zu müssen einem anderen Touristen im Foto zu stehen.