Parahawking in Pokhara

Bereits vor Beginn unseres Treks hatten wir ein weiteres Erlebnis in Pokhara gebucht, dem wir nun freudig und aufgeregt entgegenblickten: Parahawking.

Dass Pokhara ein Traumziel für Paraglider ist hatten wir schon vorher gehört und angesichts der Massen an Gleitschirmen die jeden Tag über den Horizont zogen schon bei unserer Ankunft bestätigt gesehen. Was wir jedoch erst relativ spät hier in Nepal hörten war, dass es in Pokhara eine besondere Art des Paraglidings gibt, die es sonst so wohl nirgends (oder vllt seit kurzem auch in nur wenigen anderen Orten) gibt: das Parahawking. Hierbei handelt es sich um einen normalen (Tandem) Paragliding Flug, nur dass man dabei zusätzlich noch von einem Greifvogel begleitet wird, der mit einem in der Thermik kreist und ab und zu auf der Hand landet um sich ein Stückchen Huhn abzuholen. Klang verrückt genug um das mal ausprobieren zu wollen! Für uns beide sollte es der erste Paragliding Flug werden, somit waren wir schon reichlich aufgeregt! Der Anbieter hier in Pokhara ist ein Brite, der bereits seit 16 Jahren in Nepal lebt und Tandemflüge organisiert, sodass wie nur wenige Bedenken bezüglich der Sicherheit hatten, bzw hofften, bei ihm mit europäischen Sicherheitsstandarts rechnen zu können 🙂 Scott hatte ursprünglich damit angefangen, verwaiste oder verletzte Greifvögel zu pflegen und wenn möglich wieder auszuwildern und sich für den Artenschutz dieser Tiere in Nepal einzusetzen. Die verschiedenen Geierarten in Nepal standen eine Zeit lang kurz vor dem Aussterben, da die Kühe hier mit Diclofenac behandelt wurden (warum auch immer?? Kuh-Arthritis vielleicht?) welches dann von den Geiern über die Kuh-Kadaver aufgenommen wurde und zu Nierenversagen und Tod der Vögel führte. Es konnte jedoch durchgesetzt werden, dass Diclofenac in der Veterinärmedizin mittlerweile nicht mehr eingesetzt wird und stattdessen harmlosere Alternativen verwendet werden. Aber zurück zu Scott und seinen Vögeln 🙂 Im Laufe der Zeit wurden also mehrere Greifvögel gerettet und ausgewildert, aber auch einige Küken aufgezogen, die aus dem Nest gefallen/verwaist/verletzt waren und von der lokalen Bevölkerung vorbei gebracht worden waren. Diese waren durch die Handaufzucht so sehr auf Menschen geprägt, dass sie nicht mehr ausgewildert werden konnten, sodass nun 3 Milan (Milane? Milans? Was auch immer die Mehrzahl von Milan ist), eine Art großer Falke, und 2 ägyptische Geier bei Scott „wohnen“. Irgendwann kam dann die Idee auf, das Hobby der Falknerei mit seinem anderen Hobby, dem Paragliden zu verbinden schließlich hat beides irgendwie mit Fliegen zu tun und Scott fing an, mit seinen Vögeln „Gassi“ zu fliegen. Sapana, eine der 3 Milane war zuerst ganz angetan davon, langweilte sich aber dann schnell und flog lieber alleine herum und jagte eigenständig, aber Kevin und Bob, die beiden ägyptischen Geier fanden die Idee, die täglichen Ausflüge in etwas höhere Lagen zu verlegen und sich dabei ein paar Leckerlis abzuholen wohl ganz gut und das Parahawking war geboren.
Da wir zusätzlich Interesse an der Arbeit mit den Greifvögeln hatten, hatten wir ein „Special VIP Package“ gebucht, welches zusätzlich zum Parahawking Flug auch noch eine Einführung in die Falknerei am Vormittag beinhaltete. So hatten die Gelegenheit Bob, mit dem wir später fliegen würden schon einmal am Boden kennenzulernen, und ihm ein bisschen den Bauch zu kraulen. Anders als die 3 Milane und sein Kumpel Kevin mag Bob es angefasst zu werden und geht in eine Art entspannte Brütposition, wenn man die richtige Stelle kurz unter dem Brustbein findet 🙂 Zudem hat er die coolste Frisur die ein Vogel tragen kann! Außerdem konnten wir mit den Milanen Goggles und Sapana ein paar „Ausflüge“ machen, ihnen Bröckchen Fleisch in die Luft werfen, welche sie mit beeindruckender Treffsicherheit im Flug fingen und auch gleich im Flug in den Schnabel stopften und sie auf dem ausgestreckten Arm landen lassen und füttern. Diese wunderschönen Vögel so aus der Nähe zu sehen und mit diesen, zwar an Menschen gewöhnten aber dennoch alles andere als zahmen Haustierchen gleichenden Tieren interagieren zu können war schon ein tolles Erlebnis. Beeindruckend war ihre Zielsicherheit, mit der sie die winzigen Stückchen Huhn aus der Luft fingen oder die kleine Landestelle „Hand“ ansteuerten und die sprichwörtlichen „Adleraugen“. Wenn wir ein Stückchen Huhn aus unserer Futtertasche in den Lederhandschuh stopften, musste dies hinter unserem Rücken geschehen, da unsere gefiederten Freunde ihr Leckerli sonst schon erspäht hätten und den Anflug begonnen hätten. Auf einen Pfiff hin wurde dann der Handschuh mitsamt Futter präsentiert und Sapana und Goggles flogen los.

img_1800

img_1799
Bob geht in Kuschel-Brüt-Modus..
img_1795
Das Futter muss gut versteckt hinter dem Rücken in den Handschuh gestopft werden! Hier hat Sapana es wahrscheinlich schon gesehen und ist im Anflug.
Präzision in Perfektion - winzige Stückchen Fleisch werden in der Luft gefangen.
Präzision in Perfektion – winzige Stückchen Fleisch werden in der Luft gefangen.

img_1797

img_1796

Fliegen macht durstig
Fliegen macht durstig

Gegen Nachmittag wurde es Zeit für unseren Paragliding Flug. Mit einem total relaxten Bob auf dem Schoß unseres Piloten auf dem Beifahrersitz und uns beiden aufgeregt und nervös plus zweiten Piloten auf dem Rücksitz ging es los nach Sarangkot, dem „Hausberg“ der Paraglider in Pokhara, den auch viele Wanderer frequentieren da man von hier eine schöne Sicht auf die umliegenden Berge hat. Nach einer uns endlos vorkommenden Vorbereitungszeit in der die Gleitschirme in Position gebracht wurden und einer noch länger wirkenden Wartezeit die wir an unsere Piloten geschnallt am Berghang standen und auf den richtigen Wind und das Kommando loszulaufen warteten ging es plötzlich los. „Run, don´t worry you cannot fall“ und man geht, läuft, rennt und irgendwann ist der Berg zuende und die Füße treten ins Leere!!!! Und man fliegt! Wahnsinn-man sitzt zurückgelehnt mit verschränkten Füßen in seiner kleinen Schaukel und sieht die Welt unter sich immer kleiner werden. Wir kreiseln immer höher, immer wieder tauchen im Norden die schneebedeckten Spitzen der Berge auf, zu denen wir vor kurzem noch voller Staunen aufgeblickt hatten. Dann taucht Bob auf, für einen so gewaltigen Vogel überraschend leise fliegt er von hinten heran, schnell ein Stückchen Fleisch in den Handschuh gestopft damit sein Anflug sich für ihn auch gelohnt hat! Aber dabei ja nicht auf den sich unter einem drehenden Boden gucken, immer schön auf den Horizont gucken…und auf Bob…und die anderen Paraglider.. und wieder die Berge… und den See! Es gibt so viel zu sehen! Der Flug und die Fütterung von Bob, die Kommandos „Futter in den Handschuh, Arm ausstrecken, weiter nach hinten halten“ und die vielen Eindrück sind fast zu viele Reize um sie alle zu verarbeiten und ausreichend würdigen zu können! Leider ist das alles auch unseren Mägen bald zu viel und nach gefühlten 5 Minuten die sich später als 25 Minuten herausstellten müssen wir den Rückflug antreten und die Landung kommt keine Sekunde zu früh! Der ganze Körper kribbelt und ich habe das Gefühl, einen Moment länger und es hätte mein Frühstück geregnet! Der Blick in Marcels camembert-farbenes Gesicht verrät, dass es ihm ähnlich geht… Es beruhigt uns aber ein wenig dass Scott uns erzählt, dass viele seiner Kunden es auch nicht mehr rechtzeitig auf den Boden geschafft haben und es mehr als ein Go-Pro Video gibt, auf dem der im Geschirr hängende Tourist im Schwall durch die Luft kotzt! Unsere Fotos sind glücklicherweise schöner geworden 🙂

Bob im Landeanflug
Bob im Landeanflug
omnomnom
omnomnom
Ja nicht runter gucken....
Ja nicht runter gucken….
Bob und ich im Vordergrund, Morzl rechts im Hintergrund
Bob und ich im Vordergrund, Morzl rechts im Hintergrund

Schreib einen Kommentar