Aufstände in Delhi

Aufstände in Delhi und wir mittendrin.Tatsächlich sind nun mehr als drei Monate Nepal um. In der Rückschau kam uns beiden das gar nicht so lange vor. Insgesamt haben wir viel gesehen, gelernt und vor allem viele nette Menschen kennen gelernt. Trotzdem freuen wir uns schon auf die neuen Ziele, da auch drei Monate in Nepal doch recht viel sind.

Sonntag und Montag waren wir nochmal in Banepa um uns von unseren Freunden dort zu verabschieden – und wie es eben so ist in Nepal, haben wir eher noch mehr neue, interessante Leute, wenn nicht gar Freunde kennen gelernt. Ein neuer Kollege aus Deutschland bildet die Ärzte in Banepa in Sachen Diabetes fort. Im viel zu kurzen Gespräch merkten wir aber doch, dass Eckhard (ich hoffe, dass das richtig geschrieben ist) viel intelligenter an den Auslandsaufenthalt heran gegangen ist als wir. Er war bereits mehrfach im Ausland und hat deshalb bereits vorher Fragebögen an die Kollegen vor Ort verschickt um deren Wissensstand zu erfahren und ein strukturiertes Fortbildungsprogramm erarbeitet. Wahnsinn.

Und dann ist da noch Julia, eine Rettungsassistentin aus Berlin, die gar ein halbes Jahr vor Ort ist. Aktuell scheint aber hier noch die Findungsphase vorzuliegen. So ganz umrissen ist Julias Aufgabe noch nicht. Wir hoffen mal, dass ihr noch eine sinnvolle Aufgabe zugeteilt werden kann. Die Chance eine Frau, die im Rettungsdienst erfahren ist – etwas, das es in Nepal so absolut nicht gibt – für sechs Monate vor Ort zu haben um etwas größeres aufzubauen, sollte sich das SMH nicht entgehen lassen. Als kleine Anekdote: Julia hat keinen Schlafsack dabei, also hat sie einen von unseren bekommen. Eine Win-Win-Situation, da wir nun wieder mehr Gepäck haben.
Heute früh ging es gegen 6 Uhr Richtung Flughafen. Birats Vater musste uns noch ein Taxi organisieren, was um die Uhrzeit nicht ganz einfach ist. Trotz mehr als zwei Stunden Zeit bis zum Abflug kamen wir am Flughafen nie zur Ruhe. Insgesamt sechs Sicherheitschecks und acht Boarding-Card-Kontrollen warteten auf uns (allerdings entsprach keine davon auch nur annähernd dem Flughafenstandard den wir anderswo gewohnt sind).

Dann ging es auf in die Lüfte. Die Crew von Jet Airways hatte in den 1,5h Flugzeit einiges zu tun, so dass auch Ellenbogen und Füße der Passagiere unter den Rollwägen leiden mussten.

In Delhi angekommen, konnten wir auf den Fernsehern in den Security-Checks – die übrigens, wie auch in Kathmandu strikt zwischen Männern und Frauen trennen – anhand der Newsticker den drohenden Wahlsieg Donald Trumps in den USA mitverfolgen. Nach ca. 1,5 h waren wir dann in der Transithalle. K. aus Banepa erzählte uns, dass der Flughafen von Delhi ziemlich gut gepflegt ist. R. Wollte jedoch nicht mehr mit Jet Airways fliegen – zu viele schlechte Erfahrungen. Ich hatte schon so meine Befürchtungen aufgrund dieser Aussage.

In der Transithalle wollten wir nun etwas essen. McDonalds nach über drei Monaten lockte mich. Am Vortag hatten wir uns noch clevererweise mit indischen Rupien versorgt um hier stressfrei zahlen zu können. Das ChickenNuggets Menu für 366 Rupien zahlte ich also aus der Portokasse mit dem neuen 500er. Aber weit gefehlt. Gestern hat der indische Premierminister verkündet, dass im Kampf gegen Schwarzgeld 500er und 1000er nicht mehr akzeptiert werden. Die Fernseher zeigten Schlangen vor den indischen Banken und aufgebrachte Bürger, die befürchteten, dass ihr Geld wertlos wird. Die Shops, die Waren für oft mehr als 10000 Rupien verkaufen wollten nun nur noch 100er Scheine oder kleiner. Fast wie früher mit Geldkoffern, so stellten wir uns das vor. Macht ja nichts, auf zum Wechselschalter. Aber der – leider der erste in einer ganzen Reihe am Flughafen – unfreundliche Mitarbeiter verwies uns nur darauf, dass wir vielleicht draußen die Rupien wechseln können (wir wie auch er befanden uns aber in der Transithalle, die Bedeutung sollte ihm klarer sein als uns). Im Anschluß verwies er auf ein Schildchen, was er gebastelt hatte:“Counter closed“. Wir sollen woanders hingehen. Bitte und Danke waren eh Wörter, von denen wir nach drei Monaten Nepal, wahrscheinlich einfach nur verwöhnt waren. „Show me Passport.“ „Show BoardingCard!“ „Go now.“ waren hier angesagt. 

Wir hatten nun also indisches Geld, welches wertlos war, wren sauer bis zum zerbersten und da spulte sich dieser kleine Handlanger vom Thomas Cook Wechselschalter auf wie ein kleiner König. Wir hatten unsere Indien-Erfahrung jetzt schon satt. Ein kleiner Lichtblick zeigte sich dann aber doch. Einige Inder setzten sich für die vielen Reisenden, die vor diesem Problem standen ein. Diskutierten lautstark, riefen die Security und den Flughafenmanager. Ein junger Rechtswissenschaftsstudent setzte sich mit seinem Vater für unsere Belange ein. Er entschuldigte sich gar für dieses Verhalten seiner Landsleute am Flughafen. Gebracht hat das alles nicht viel außer der Erkenntnis, dass Indien von dieser Ankündigung vom Vorabend überrascht wurde, es zu Aufständen im Land und am Wechselschalter kam (wir waren teils umringt von 20-30 Leuten), aber doch einige Menschen – ohne dies für sich selbst nötig zu haben – sich für andere einsetzen. Also Hut ab vor diesen Indern, die sich für uns eingesetzt haben.

Stein des Anstoßes. Auf der Rückseite kleben übrigens noch die eigentlichen Bedingungen, die Foreigners zugestehen bis zu 10000 INR zu wechseln...
Stein des Anstoßes. Auf der Rückseite kleben übrigens noch die eigentlichen Bedingungen, die Foreigners zugestehen bis zu 10000 INR zu wechseln…

Beim Warten am Gate fiel mir dann eine Ansage auf, die in etwa so ging:“…Mr KRSA AJFASDFP and Ms Cathrin Hatt …. KAdfJ AKFAJSf asfjasdk“. Wir fragten also am Gate nach, ob tatsächlich wir gemeint sein könnten. Ja, wir waren gemeint. Es gab Probleme mit unserem aufgegebenen Gepäck. Die Powerbank, die wir in Nepal so gut gebrauchen konnten (Stichwort:“Powercut“) durfte nicht im aufgegebenen Gepäck sein. Wir waren etwas erstaunt, hatte sie doch so die Reise über Berlin nach Abu Dhabi nach Kathmandu und die heutige von Kathmandu hierher im aufgegebenen Gepäck überstanden. In großer Aufregung mit erneut vor allem unfreundlichen Worten („Ich rufe sie seit mindestens 11 Uhr aus.“ „Das mag sein, aber die Durchsagen konnte man bei der Lautstärke auf diesem Flughafen [in Gedanken: und der schlechten Aussprache] nicht so gut hören, tut uns leid.“ „Ist ok. Gehen Sie jetzt.“ …) durften wir also zum Gepäck eilen um die Powerbank rauszuholen. Ein korpulenterer Mann hatte dasselbe Problem, musste mit uns rennen und schnaufte bei Ankunft so sehr, dass wir dachten, unsere medizinische Hilfe würde noch nötig werden. Cathrin durfte dann in den heiligen Hallen des Flughafens die Powerbank heraussuchen. Der Flughafenmitarbeiter nahm sie an sich und wird sie „zerstören“. Jetzt mitnehmen? Im Handgepäck? Natürlich nicht.

Diverse Auskünfte erhielten wir hierzu. Es ist grundsätzlich nur erlaubt diese Powerbanks im Handgepäck zu haben. Niemals, auf keinem Flughafen, im richtigen Gepäck. Lose Lithium-Akkus sind übrigens im Handgepäck verboten – so nebenbei. Ein anderer Angestellter sagte uns auf Nachfrage, weil wir Sorgen um die Security hatten, wenn wir mit der Powerbank drei Flughäfen passieren konnten, dass das ganze Delhi-spezifisch sei. Es ist also klar, dass alle Kollegen auf dem Flughafen gut informiert sind. Nur halt unterschiedlich. Der erste Mitarbeiter, den wir angesprochen hatten, ob tatsächlich wir gemeint seien, sagte uns dann aber auch, dass er uns erst zwei Mai ausgerufen hatte. Eine Ansage gegen 11 Uhr wäre auch sehr früh gewesen. Schließlich hätte das Gepäckstück ja auch erst aus dem Flieger durch einen Scanner gemusst. Und dann auch wir nicht in irgendeiner Securitywarteschlange hätten sein müssen…

Für uns ist es natürlich schade, da die Powerbank einen guten Dienst erwiesen hat. Vielleicht fällt sie ja doch nicht dem delhischen Feuer zum Opfer und erweist irgenwem gute Dienste. Wir empfehlen sie hier ausnahmsweise mal, obwohl wir ja sonst nicht unbedingt Werbung machen wollen: Wer einen guten Akku braucht, eine Anker Powerbank, z.B. diese hier, hat uns sicher durch Nepal gebracht. Wir würden sie wieder kaufen.

Am Ende hat R. dann leider Recht gehabt: Jet Airways war nicht so dolle (ich als Nicht-Vielflieger hatte bisher noch keine schlechtere Airline mit viel zu scharfem Essen, 200ml Getränken und dann Schluß, teils unfreundlichen Mitarbeitern, …), und der Flughafen von Delhi, immerhin zweimal in Folge zum besten der Welt gewählt, ist einfach nur eine unfreundliche, unorganisierte und teils freche Anstalt.

Etwas Bauchweh bereitet aber vor allem die Desinformation der Angestellten an diesem Flughafen bzw. die Sicherheitsmängel an drei anderen. Alles natürlich je nachdem welche der Geschichten, die uns aufgetischt wurden, stimmen.

Uli, die süße, aber doch sehr kleine Wasserflasche, die man auf jedem Jet-Airways Flug kriegt. 200ml. Reicht doch fein für 4,5h Flugzeit aus.
Uli, die süße, aber doch sehr kleine Wasserflasche, die man auf jedem Jet-Airways Flug kriegt. 200ml. Reicht doch fein für 4,5h Flugzeit aus.

Ab nun sind wir also in Bangkok. Fünf Tage. Danach erkunden wir Myanmar. Wir werden sehen, ob auch dort die Menschen so freundlich wie in Nepal sind. Wir werden sehen, wie der öffentliche Nahverkehr in diesen Ländern funktioniert. Wir hoffen keinen Power- oder Watercuts ausgesetzt zu sein (zumal uns nun unser „Anker“ fehlt). Und wir hoffen weiterhin vor allem schöne Gedanken und Eindrücke in unser imaginäres Gepäck, welches durch jede Sicherheitskontrolle kommt, packen zu können.

Bei der Ankunft in Bangkok jedenfalls trifft uns zunächst der Touristenschlag und im Hotel fällt uns die Kinnlade runter im Verhältnis zu Delhi. Das Flugzeug landet, wir können zugucken und sehen nicht nur weißen Smog. Die Straßen sind vierspurig und geteert. Im Auto haben wir Wifi mit 4G. Wir sind wieder in der Internetzivilisation angekommen. So erfahren wir auch via Facebook, dass eigentlich niemand den wir kennen, den amerikanischen Wahlausgang gut heißt oder so hat kommen sehen. Wer auch immer dann so gewählt hat, bleibt ein Rätsel. Unsere Freundesliste scheint jedoch deckungsgleich mit unseren Ansichten. Gut so.

Unser Hotel ist ein Traum. Kingsize-Bett, Dusche mit heißem Wasser, Sitzklo, Teeecke. Alles Sachen, die vor drei Monaten noch selbstverständlich für uns waren. Etwas Demut ist nun in uns gewachsen.

Local Beer in eiskaltem Glas.
Local Beer in eiskaltem Glas.

Wir gehen bald schlafen und sind gespannt was der morgige Tag uns bringt hier in Bangkok.

morzl
Arzt in Ausbildung zum Internisten. Auf dem Weg nach Nepal.

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