Kleine Anekdoten

Heute während der Visite erreicht uns die Eilmeldung des Erdbebens in Italien auf meinem Handy. Aufgrund der Zeitverschiebung kriegen wir diese Nachricht deshalb wahrscheinlich sogar noch vor den meisten von euch mit. Mittlerweile lese ich von über dreißig Toten, Erinnerungen an das Erdbeben im letzten Jahr werden präsent. Dieses Mal ist das eigentlich so nahe Erdbeben in Italien uns hier doch so fern. Die Nachrichtenseiten in Nepal berichten jedoch ausführlich – ausführlicher als deutsche Nachrichtenseiten über das letztjährige Erdbeben in Nepal – über Italien. In der Kathmandu-Post gibt es zeitgleich einen Artikel zu den Aufbauarbeiten im Kathmandutal und dem aktuellen Fortschritt.
Artikel in der Kathmandu-Post

Aszitespunktion in die Wasserflasche

Nun hoffen wir, dass es euch allen gut geht und keiner derweil im sonst natürlich sehr schönen Italien weilt und natürlich auch, dass sich die Zahl der Opfer in Italien nicht mehr vergrößert.
Da in den letzten Tagen viele Kleinigkeiten passiert sind, versuche ich ein paar besondere Momente davon in Form kleiner Anekdoten zu sammeln.
Am Freitag vergangener Woche sollte ich eine Patientin Aszites punktieren. Aufgrund eines rheumatischen Fiebers mit anschließendem Herzklappendefekt kann ihr Herz nun das anfallende Volumen nicht mehr vorwärts pumpen und lagert dieses daher in den Bauch ein. Zur Entlastung des angespannten Bauches sollte ich nun dieses Wasser ablassen. Eine auch in Deutschland gängige Praxis (lediglich die ursächliche Krankheit ist in Deutschland nicht mehr so häufig anzutreffen). Einen orientierenden Ultraschall, um z.B. Nicht in eine vergrößerte Leber zu pieken, macht man hier nicht. Das Ultraschallgerät ist ständig in Benutzung. Einen solchen orientierenden Ultraschall macht man tatsächlich auch nicht bei einer deutlich komplikationsträchtigeren Pleurapunktion.
Die Patientin muss das entsprechende Zubehör in der Apotheke kaufen (Preis so um die 7 Euro) und dann durfte ich loslegen. Das ablaufende Wasser wird hier aber nicht in ein steriles Gefäß abgeleitet. Die Patientin brachte von zuhause drei leere 1Liter Flaschen mit. Cathrin und ich versuchten noch diese mit Iod-Lösung etwas sauberer zu halten, allerdings wird dies wohl das einzige Mal der Fall gewesen sein. Hygienisch gesehen eine Katastrophe. Dazu kommt noch, dass die Schwesternschülerinnen die benutzten Nadeln wieder “recappen” und dann in den Hausmüll schmeißen wollten. Tatsächlich habe ich dieses Vorgehen schon mehrfach von vielen verschiedenen Mitarbeitern gesehen. Normalerweise ist das das “No-Go” der Medizin. Vor allem mag ich mir gar nicht ausmalen was passiert, wenn eine Schwester sich mal eine Nadelstichverletzung zuzieht. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder dergleichen gibt es nicht. Ein Grund mehr auf sichere Arbeitsweisen zu achten.

Sechs-Tag-Woche und weniger Urlaub

Einige unserer Kollegen kränkeln aktuell doch sehr. Krankheitsbedingt zuhause bleiben wollen sie aber nicht. Warum das so ist, erklärt sich durch das Arbeitssystem. Im Prinzip kann jeder – ungefähr einen Tag vorher – einen “Town-Day” beantragen. Einen freien Tag also. Dieser wird dann von den Urlaubstagen abgezogen. Diese hat jeder Mitarbeiter elf an der Zahl! Zusätzlich hat jeder Mitarbeiter 5 Krankheitstage. Sollte man mehr als fünf Tage im Jahr krank sein, darf man natürlich zuhause bleiben – allerdings unbezahlt. Insgesamt arbeiten die Nepalesen also sechs Tage die Woche und haben ungefähr die Hälfte unseres Urlaubs. Ein Arzt verdient hier ungefähr 12 Dollar pro Tag. Dafür dürfen die Kollegen hier auf dem Gelände kostenlos wohnen – wobei viele das nur in der Woche tun und am Wochenende zu Ihrer Familie fahren.

Viele Kühlschränke

Wenn wir uns fragen was wir hier in Banepa bewirkt haben, dann wird der Kühlschrank auf dieser Liste ganz oben stehen. Der aufmerksame Leser weiß, dass wir bereits zwei kaputte Kühlschränke hier im Appartement hatten. Nun kommts: Plötzlich und nach zweieinhalb Wochen hartnäckigem Einreden auf die Hausmeister haben wir vorgestern einen nagelneuen Kühlschrank erhalten. Wirklich direkt aus dem Laden. Wir mussten sogar etwas schmunzeln. Die Ernüchterung folgte aber prompt: Der Stromstecker passte nicht.
Einer der Hausmeister ging aber direkt in die Stadt und organisierte einen, so dass wir nun doch tatsächlich kühlen können – und die nächsten, die hier einziehen hoffentlich auch.
Ein Gouda für knapp vier Euro durfte es dann als Belohnung doch mal sein. Dieser schmeckt tatsächlich überhaupt nicht wie Gouda, aber doch ziemlich gut.

Höllenritt

Und hier hören bitte alle Eltern auf zu lesen. Das meine ich ernst…
Wirklich.

Ich deutete ja bereits an, dass wir auf besondere Art mit Gopal ins Krankenhaus in Bhaktapur fuhren.
Nach dem Gai Jatra Fest wollte er uns sein Krankenhaus zeigen. Draußen vor der Haustür fragte er uns dann ob wir einen Roller hätten. Nein. Und jetzt?
Er nahm uns mit seinem Roller mit. Drei Leute auf einem Roller. Ich klammerte mich an Gopal fest, Cathrin auch. Zur Sicherheit trug Gopal natürlich einen Helm. Ich betete.
Zum Glück war der Rollerweg nur ungefähr 5 Minuten lang. Ohne Stürze kamen wir an. Ein besonderes Erlebnis im Verkehrschaos Nepals, dass wir nicht wiederholen wollen.
Den Rückweg traten wir deshalb mit dem Bus an. Das Taxi hätte das zwanzigfache gekostet. Gopal riet uns noch auf den nächsten Bus zu warten. Da wir aber nicht wussten wann der nächste kommt, stiegen wir in den überfüllten Bus ein. Wir dachten jedoch nicht, dass die Nepalesen noch meinen, dass da noch Platz ist. In der Stehgasse zwischen den Sitzen sollten wir zweireihig stehen – was für uns dicke Europäer unmöglich ist. Der Bus war zu 300% überladen und wir mittendrin. Auch eine schöne Erfahrung, die wir das nächste Mal lieber von einem Sitzplatz aus beobachten. Jetzt verstehe ich auch Gopals Tipp und sein Lächeln als er meinte: “Na gut, dann nehmt halt diesen.”

morzl
Arzt in Ausbildung zum Internisten. Auf dem Weg nach Nepal.

Ein Kommentar

  1. Hi Cathrin, I just found this blog from your Facebook page. I was worried about you since I had no news for a very long time, glad to here from you. The German-French Google Translator is very bad unfortunately. Have nice time in Nepal, I will try to follow. I just got back from a conference in Miami 🙂 We are about to go to Maine beaches for our late summer vacations.

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