Wanderung zur Monkey-Bar

Die Sonne lachte heute so schön vom Himmel dass Klaus und Krishna sich zu einer „längeren“ Wanderung aufmachen wollten. Da ohne Krishna hier nur ein Übersetzer anwesend ist brauchten wir nicht beide im Healthpost bleiben sondern einer von uns beiden konnte mit auf Wanderschaft gehen.


Nachdem ich die Nacht aufgrund erneuter Kakerlaken Invasionen in unser Zimmer auf der Couch im Wohnzimmer geschlafen hatte widmete sich Marcel der Ausmerzung der Krabbelviecher in unserem Zimmer und einer gründlichen Inspektion sämtlicher Möbelstücke um danach mit Bishnu im Healthpost die Stellung zu halten während ich mich mit den anderen auf Wanderschaft machte.

Abkühlung in der Schlammpfütze
Abkühlung in der Schlammpfütze

Ramesh und Ganga waren wie immer auch dabei. Der Weg führte zunächst zu einem der benachbarten Healthposts die von der Regierung gesponsert werden. Dieser war natürlich sehr viel spärlicher ausgestattet als unserer. Die Antibiotikaauswahl der Apotheke war begrenzt und auch an Personal könnte dieser nur mit einer Hebamme und einem Medical Assistent aufwarten, der eine 18-monatige Ausbildung erhalten hatte um die wichtigsten Krankheitsbilder und deren Therapien kennen zu lernen. Ein Ultraschallgerät zur Schwangerschaftsvorsorge gibt es hier leider nicht, sodass man sich ganz auf die Kenntnisse der Hebamme verlassen muss. Diese macht auch Hausbesuche um die Geburt zuhause zu ermöglichen. Die Praxis die Frauen zur Geburt in den Kuhstall zu schicken hat man in den letzten Jahren glücklicherweise abschaffen können. Insgesamt ist hier auch sehr viel weniger los als bei uns – viele Patienten nehmen offenbar den eine Stunde längeren Weg auf sich um bei uns günstiger und von den „deutschen Ärzten“ behandelt zu werden. Bei einer derartigen Aussicht scheint es die Hebamme und der Medical Assistent aber nicht zu stören, dass sie die Hälfte des Tages im Vorgarten sitzen und das Bergpanorama genießen können.

Aussicht vom Government Healthpost
Aussicht vom Government Healthpost

Weiter geht es vorbei an badenden Wasserbüffeln (die übrigens NICHT als Kühe zählen und somit nicht durch Heiligkeit vor dem Verzehr geschützt sind) den Berg hinunter, teilweise über bemooste rutschige Stolperfallen von Steinen die die Kniegelenke zum ächzen bringen bis zu einem kleinen Fluss, den eine überraschen solide gebaute Hängebrücke überspannt. Hier im Tal, fast 900 m tiefer heben sich saftig grüne Reisfelder als Kontrast vom blauen Himmel ab.

Na die Brücke sieht doch ganz stabil aus...
Na die Brücke sieht doch ganz stabil aus…
Hier wächst Nepals Hauptnahrungsmittel
Hier wächst Nepals Hauptnahrungsmittel

Auf unserem Weg besichtigen wir auch zwei Schulen. Die Kinder aus den umliegenden Dörfern müssen teils Wege von über einer Stunde zurücklegen, um hier hin zu gelangen. 250 Kinder werden von 5 Lehrern unterrichtet, einen guten ausgebildeten Englischlehrer gibt es nicht überall.

Nach der Pause geht es zurück zum Unterricht
Nach der Pause geht es zurück zum Unterricht

Auch sind die Klassenzimmer oft dunkel und werden nur durch das spärliche Licht, das durch die kleinen Fenster fällt wenn die Sonne im richtigen Winkel steht, beleuchtet, sodass man sich kaum vorstellen kann, wie hier lesen und schreiben gelehrt werden soll.

In diesen dunklen Räumen findet derzeit der Unterricht statt
In diesen dunklen Räumen findet derzeit der Unterricht statt

Uns werden dennoch von den kleinen stolz ihre Hefte mit Schreibübungen zur Inspektion entgegengehalten. Eine deutliche Verbesserung der Lehr- und Lernbedingungen könnte durch einen Austausch des Wellblechdaches gegen durchsichtige Plexiglasplatten erreicht werden, was wir dem Schulleiter vorschlagen. Natürlich hat die Schule hierfür nicht genügend Geld. Vor dem Schulgebäude wird ein Deal ausgemacht – wenn Brepal es durch Spenden schafft, die Materialien zu beschaffen, wird die Schule die Umbauarbeiten übernehmen.

Als die Kleinen meine Kamera bemerken, wird sich ungefragt ganz schnell geordnet für ein Foto aufgestellt
Als die Kleinen meine Kamera bemerken, wird sich ungefragt ganz schnell geordnet für ein Foto aufgestellt

Nach dem kniestrapazierenden Abstieg geht es nun wieder bergauf bis zur sogenannten „Monkey Bar“, die ihren Namen einem sonst dort hockenden traurigen Affen verdankt, der heute aber nicht da ist. Es handelt sich um keine „Bar“ im eigentlichen Sinne, sondern eher eine Art Kiosk in dem Ort, von dem die Jeeps in die umliegenden Ortschaften oder größeren Städte abfahren, um Gäste und Fahrer mit Nepal ICE (dem lokalen Bier) und Instant Nudelsuppen zu versorgen. Wir warten bei Tee und Bananen den kurzen Regen ab und amüsieren uns über den nepalesischen Film der im Fernseher läuft (ja, es gibt zwar keine richtigen Toiletten aber Satellitenschüsseln). Dieser strotzt vor logischer Fehler: Eine junge Nepalesin mit knappem Röckchen ( !! 1 Fehler !!) fährt mit ihrem Roller über eine leere (!!! Fehler 2 !!) Straße in Kathmandu. Der Roller bleibt stehen, weil das Benzin ausgeht. In einer dramatischen Slow- Motion Geste nimmt die junge Frau Ihren Helm ab und schüttelt ihr Haar in der Windmaschine. Sofort ist ein galanter Herr zur Stelle, der ihren Roller zur leeren (!! 2 Fehler !!) Tankstelle schiebt. CUT, nächste Szene. Die Kamera zeigt eine Großaufnahme einer Jeeps der mit quietschenden Reifen zu Rockmusik zum stehen kommt. Zwei Schlangenlederstiefel springen aus dem Auto und die Kamera fährt an einem grobgesichtigen Mann mit schlecht sitzendem Anzug und enormem Schnurrbart mit Zigarette im Mund hoch – man versteht nicht was er sagt, aber es besteht kein Zweifel, er ist der Bösewicht des Filmes! CUT nächste Jahr Szene- zu dramatischer Musik sehen wir im weichgezeichneten Close-Up auf den Mund unserer Protagonistin, wie diese sich lasziv Lippenstift auflegt – Kameraschwenk auf ihre Augen – ein Lidstrich. Sie trägt den goldbesetzten Ausgeh-Sari – bestimmt geht es in die Disco. CUT – Close up auf die Füße der Frau. Wir sehen – zu weiterhin dramatischer 80er Musik – wie schwarze High Heels eine Treppe hinunterschreiten. Am Treppenabsatz wird noch eine Pause gemacht um die Schönheit in all ihrer Pracht zu zeigen. Sie schüttelt noch ein paar mal ihr Haar während das putzende Hausmädchen auf der Treppe bewundern zu ihr aufblickt und mit aufgerissenen Augen die Hände zum Mund hebt. CUT nächste Szene. Die dramatische Aufmachung war nicht für die Disco sondern für ein gemütliches Beisammensitzten diverser Damen im schicken Sari im Wohnzimmer. Leider verlassen wir an dieser Stelle die Monkey Bar, sodass ich den Ausgang dieser spannenden Geschichte nicht wiedergeben kann. Ich vermute dass die Dame sich in den galanten Rollerschieber verliebt aber Schnurrbart-Guy etwas dagegen hat und versuchen wird die Liebenden zu trennen.
Von nun an geht es wieder bergauf, bis wir nach einem steilen Shortcut nach 2 Stunden kurz vor dem nächsten Wolkenbruch wieder im Healthpost ankommen.

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